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Das ewige Tabu-Thema "Trauer"

Beileid wünschen ...

 

Habt Ihr Euch auch schon damit beschäftigt, wie man möglichst sensibel Beileidsbekundungen ausspricht? Oder entscheidet Ihr das eher spontan aus dem Bauch heraus bzw. situationsbedingt?


Heute möchte ich (Netti) mal ein Thema aufgreifen, das mich schon sehr sehr sehr lange beschäftigt … und nicht nur mich …

Nun traue ich mich mal - stellvertretend für alle, die sich damit auch schon länger auseinander setzen - dieses Thema anzusprechen und wünsche mir, dass es konstruktive Beteiligungen dazu gibt. Damit ich es irgendwie besser verstehen kann, wie unterschiedlich Menschen bei bestimmten Sachen ticken.

Fragestellung:
Wie gehst Du damit um, wenn jemand, den Du gut kennst, Dir erzählt, dass ein naher Angehöriger gestorben ist?

Und gleich noch weiter gefragt: Wie reagierst Du?

 

Mögliche Reaktionen:
1. Bist Du betroffen, mitfühlend, emphatisch - und wünschst sofort „Herzliches Beileid“ oder umarmst Du denjenigen sogar?
2. Musst Du mit der Info selbst erst einmal klar kommen und kannst dann erst im Gespräch Dein Beileid aussprechen?
3. Kannst Du damit gar nicht umgehen und lenkst Du das Gespräch sofort auf ein anderes Thema?
 
Mir ist klar: Jeder Mensch reagiert auf gewisse Infos & Themen individuell anders. Jedoch möchte ich verstehen, WARUM das Beispiel „Sterbefall im näheren Umfeld“ gefühlt noch immer ein TABU-THEMA bei vielen ist?

Meiner Meinung nach muss es das doch gar nicht sein. Wir sind alle hier auf dieser Erde, um unseren persönlichen Lebensweg zu finden - wir nennen es „Seelenplan verfolgen“. Hat man seine Aufgabe erkannt und verwirklicht sie, hat man das Gefühl glücklich und angekommen zu sein. Läuft es jedoch mal nicht ganz so rund, lernen wir aus den Erfahrungen, die uns Stück für Stück unserem Ziel näher bringen. Wir wachsen jeden Tag mit unseren Erlebnissen - egal durch wen oder was. Und leider gehören eben Themen wie das Sterben zur Lebenserfahrung dazu und dies sollte in unseren Augen kein Tabu-Thema sein. Denn jeder Verstorbene hatte ein Leben mit Inhalt. Jeder trägt durch sein Dasein etwas bei, bringt sein Licht in die Welt und hat es verdient, dass man sich liebevoll an ihn erinnert ...

Nachdem ein Mensch - sagen wir mal - acht Jahrzehnte gelebt hat, ist es doch eigentlich selbstverständlich, dass wir an diese Person denken oder über sie sprechen, wenn sie die Erde verlassen hat. Aber oft habe ich das Gefühl, viele ignorieren das  - so als hätte es diesen Menschen gar nicht gegeben. Und wenn die Hinterbliebenen darüber sprechen möchten, ist es da nicht selbstverständlich, dass man da mal zuhört oder im besten Fall sogar Trost durch Worte spendet? Denn mehr braucht es manchmal gar nicht, damit man sich damit nicht so allein gelassen fühlt.

Wie Materia so eindrucksvoll im Song „Welt der Wunder“ schildert „… jemand geht, wir holen Wasser, löschen sein Feuer - trotzdem vergessen wir ihn nicht …“, so ist es auch. Wir fühlen das zwar alle, aber darüber reden fällt den meisten schwer. Muss es aber nicht. Es ist ganz natürlich, dass wir alle irgendwann diese Erde wieder verlassen werden.

Bitte hört Euch mal den Song von Materia „Welt der Wunder an“ - am besten ein paar Mal hintereinander und laut - und schaut mal, was der Text gepaart mit den Beats mit Euch macht. Bei mir ist es so: Egal, wie oft ich den Song schon gehört habe oder noch hören werde, er bereitet mir immer und immer wieder Gänsehaut & meine Emotionen kochen über - weil es für mich der Inbegriff der Beschreibung des Lebens ist - das alles so kompakt in einen Song zu packen und Menschen so sehr damit zu berühren, ist für mich die allergrößte Kunst. Ich kann meine Empfindungen leider nur in Worte packen, da ich kein Musiker bin. Aber in letzter Zeit merke ich immer wieder, dass ich damit einige Menschen auch bewegen kann …

… und deshalb bitten wir Euch, mal in Euch zu gehen (wenn ihr möchtet) und zu überlegen, wie Ihr zum oben beschriebenen Thema steht. Vielleicht entsteht ein guter Austausch und wir können voneinander lernen? ;)

Wenn Du bis hier her gelesen hast und Dir somit die Zeit genommen hast, danken wir Dir sehr. Dieses Thema liegt uns wirklich überaus am Herzen. 🙏🏻

Einen sonnigen Tag wünschen wir Dir / Euch 🌞

Und vergesst nicht: Liebe & mit Herz in die Welt sind oft der Schlüssel zum Glück … 💚🦋💛

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Kommentare: 9
  • #1

    Kornelia Zimmermann (Donnerstag, 23 Juni 2022 06:58)

    Liebe Annett,

    leider hat sich in den letzten 2 1/4 Jahren sehr viel verändert und die Trauer bzw
    das damit verbundene Leben ist nichts mehr wie es mal war. Meine Mama ist im Dezember 2020 verstorben, gekämpft habe ich, um am Sterbebett von ihr Abschied zu nehmen.. Die meisten Mitarbeiter in den Krankenhäusern haben keinen Bezug mehr zum Patienten und arbeiten ohne Empathie. Ich konnte weder eine Trauerfeier ausrichten noch viel mit Menschen reden, die Organisationen war zu, da Kontaktbeschränkung. In Deutschland wird eh nie das Thema Trauer gern angesprochen, da für die meisten dies was schlimmes ist, ist es aber nicht. Wenn ich zu meinen Kunden gehe, zwecks einem Trauerfall, dann rede ich mit ihnen und streichle sie oder wir umarmen uns und nehme einiges organisatorisches ab. Viele Menschen können es nicht nachvollziehen, wie es einem geht, wenn ein nahestehender Mensch verstorben ist, erst wenn es sie selber betrifft.

  • #2

    Oli Magic Orgonon (Donnerstag, 23 Juni 2022 12:43)

    Bevor ich angefangen habe diesen Artikel zu lesen, tat ich extra das Lied "Wunder" angemachen.
    Den Text las ich mit Gänsehaut an Arm und Beinen (hat auch eine Bedeutung ;)).
    Schön das es euch gibt. �

  • #3

    Otto Magic (Donnerstag, 23 Juni 2022 22:11)

    Liebe Netti,

    Google doch mal nach Trauerbewältigungsmodellen. Das Thema ist besser untersucht als du erwartest ;)
    Das Lied "Welt der Wunder" ist tatsächlich ein schönes Lied. Ich finde aber, dass es thematisch woanders besser angesiedelt ist. Schau dir doch gerne mal diese Songanalyse an. ;))
    https://www.abipur.de/referate/stat/691620343.html
    Aber danke, dass du diesen Oldie nochmal rausgeholt hast.

    Grüße Otto

  • #4

    Netti (Donnerstag, 23 Juni 2022 23:41)

    Hallo Otto,
    vielen Dank für Dein Kommentar und vor allem auch den Link - den haben wir uns gleich mal angeschaut. Klasse, dass sich jemand die Mühe macht und eine ausführliche Interpretation erstellt. :)

    Für mich persönlich ist dieser Song wie gesagt der Inbegriff des Lebens - ausdrucksstärker geht es kaum und die beschriebene Zeile, dass jemand geht und wir ihn trotzdem nicht vergessen, hat mich vom ersten Moment an sehr berührt. In der Interpretation ist es folgende Stelle: " ... oder der Tod eines Menschen, welchen wir trotz dem Verlassen des menschlichen Seins nicht vergessen ... " - Dadurch, dass ich vor dreieinhalb Jahren meine Mama verloren habe und vor knapp drei Wochen meinen Onkel (der Bruder meiner Mama), ist diese Songzeile einfach sehr besonders für mich ...

    Mir ist auch aufgefallen, dass es zum Glück immer mehr Menschen gibt, die sich mit solchen Themen öffentlich befassen. Gerade ist ein junges Startup namens grievy meinem Beitrag auf Insta gefolgt, das eine Trauer App entwickelt hat - sozusagen die helfende Hand nach einem Trauerfall. Wieder was Neues kennengelernt.

    Bei mir war der aktuelle Trauerfall, der mich - ohne großartig zu recherchieren - zu diesen Fragestellungen gebracht hat. Sozusagen einfach aus dem Bauch heraus. Klasse, dass durch dieses Thema hier jetzt ein reger Austausch stattfindet.

    Sonnige Grüße
    Netti :)

  • #5

    Netti (Donnerstag, 23 Juni 2022 23:44)

    Hallo lieber Oli :)
    1000 Dank für Dein Kommentar zum Beitrag. Wir sind auch glücklich, dass wir Dich kennengelernt haben! ;) Bis hoffentlich bald mal wieder ...

  • #6

    Netti (Donnerstag, 23 Juni 2022)

    Liebe Konny - wie versprochen melde ich mich nun hier noch einmal auf Dein Kommentar. Das ist wirklich sehr traurig, dass Dir der Abschied so schwer gemacht wurde. Ich kann nachvollziehen, wie hart es für Dich gewesen sein muss. Ende 2018 war das bei uns ja noch kein Thema - aber schwer war es dennoch, weil ich gar keine Zeit so richtig hatte, um mich an den Gedanken zu gewöhnen, meine Mama gehen lassen zu müssen. Zu viel Hoffnung hatten sie uns vorher wochenlang gemacht - aber irgendwann weißt Du gar nicht mehr, was Du noch glauben sollst ...

    Jetzt -Jahre später - gehe ich ganz anders mit solchen Themen um. Weil ich mich intensiv damit auseinander gesetzt habe und für mich in Verbindung mit meinem Glauben & meiner Intuition einen Weg gefunden habe anzunehmen, dass es ist, wie es ist ...

    Schön, dass es Menschen wie Dich gibt, die in einer solchen Situation die helfende Hand sind - und manchmal braucht es ja auch nur ein paar Worte oder eine Umarmung, dass man sich verstanden und nicht allein gelassen fühlt!

  • #7

    Karin schulze (Freitag, 01 Juli 2022 16:56)

    Ja wenn ein geliebter Mensch von dieser Welt geht braucht man Zeit um es zu begreifen. Es dauert auch lange mit der Trauer. Ich habe schon viele in meiner Familie verloren. Als meine Eltern gingen und als dann mein Mann ging das war sehr schlimm. Auch nach einigen Jahren tut es mir noch weh. Aber ich schaue zum Abendhimmel und sage er schaut von oben herab und er ist immer in meinem Herzen. So lebt er und andere weiter.

  • #8

    Annis Mama (Samstag, 23 September 2023 09:11)

    Bin zufällig auf euren Blog gestoßen- interessante Themen habt ihr!
    Das Trauer-Thems beschäftigt mich auch gerade, musste Ende April dieses Jahres meinen langjährigen Lebensgefährten gehen lassen - nachdem er eine monatelange Odyssee durch mehrere Krankenhäuser erdulden musste und ihm letztlich doch trotz aller modernen Möglichkeiten nicht geholfen werden konnte. Für mich, die ich mein Leben lang im Gesundheitswesen gearbeitet habe, bis dato unvorstellbar... selbst miterleben zu müssen, wie man auf Hilfe vertraut, immer wieder positiv denkt, "es muss doch endlich eine Ursache gefunden werden und dann kann man das behandeln" ... nein... diesmal eben nicht... das passiert wirklich.... es ist kein böser Traum, aus dem du erleichtert aufwachst, weil die Sonne ins Fenster scheint und das Leben schön ist...
    Er hat nach 4 1/2 Monaten entschieden, dass es genug ist, wollte nicht weiter Versuchsobjekt sein. Das Leben war für ihn nicht mehr lebenswert und eine Besserung nicht erkennbar, so wollte er nicht weiter leben. Für mich hieß das, in guten wie in schlechten Zeiten zu ihm zu stehen- und nun kamen eben die schlechten, so blieb mir nichts weiter als seinen Wunsch zu respektieren. Auch wenn es mir das Herz brach...
    Nun teile ich das Leben in DAVOR und DANACH ein...und versuche nicht im Gestern steckenzubleiben, sondern weiter zu leben, irgendwie...
    Habe zum Glück meine Kinder und mit Christophs Eltern auch gute Freunde, die immer für mich da sind, wenn es mal wieder schlimme Tage gibt...
    Und die gibt's immer noch zur Genüge. Man kann die Trauerzeit nicht abkürzen, das Fertigwerden mit so einem Einschnitt ins Leben kann man nicht erzwingen. Ich hab versucht, mich abzulenken und bin mal eine Woche nach Teneriffa "abgehauen" -dachte, ein paar neue Eindrücke tun vielleicht gut. War auch schön, an der Traurigkeit und dem Schmerz haben sie jedoch nix geändert. In dieser Zeit zeigt sich, wer wirkliche Freunde sind, und ich bin echt froh, davon welche zu haben, denn auch ich finde, nichts ist schlimmer, als dieses Thema einfach unter den Tisch fallen zu lassen, da fühlt man sich dann erst recht alleine!
    In der heutigen schnellebigen Zeit wird das Thema gerne umgangen, es ist ja auch viel einfacher, nur über Alltägliches zu plaudern als mit jemandem zusammen Traurigkeit auszuhalten. Das kratzt nämlich an der eigenen Angst, da müsste man sich vielleicht mit eigenen Themen befassen...und das will nicht jeder.
    Das mit der Trauer App würde mich mal interessieren- wie heißt die denn genau??

    Liebe Grüße und danke für eure Mühe mit dem Blog �

  • #9

    Netti & Robin (Dienstag, 26 September 2023 10:41)

    Hallo liebe Annis Mama,

    wir danken Dir von ganzem Herzen für Dein Kommentar hier auf unserer Seite. Es hat uns sehr berührt! Denn, wie Du schon sagst, spricht über das Thema Tod & Trauer immer noch keiner so offen, wie man es sich wünschen würde. Über alles andere wird immer lamentiert und philosophiert, aber gerade dies wird oft im wahrsten Sinne des Wortes totgeschwiegen. Und für mich war oft das Schlimme, dass man irgendwie nicht ernst genommen wurde - leider auch von „Freunden“! Und ich kenne es sogar, dass sogenannte Freunde am Ende den Kontakt abgebrochen haben, weil sie damit nicht umgehen konnten, dass man traurig war!

    Es tut uns sehr leid, was Du alles durchmachen musstest! ��
    Ich (Netti) kenne das auch alles, als vor ziemlich genau 5 Jahren unsere Odyssee anfing, als meine Mama ihre Diagnose erhalten hat. Bei uns war die Leidenszeit zwar „nur“ 3 Monate und es ging am Ende alles ziemlich schnell, aber es war auch furchtbar zuzusehen, wie dann plötzlich niemand mehr was machen konnte - obwohl es anfangs noch hieß, dass sie noch ein paar Jahre damit leben kann …

    Wir wünschen Dir ganz ganz viel Kraft, Deinen Verlust zu verarbeiten und auch selbst wieder auf die Beine zu kommen.

    Viele liebe Grüße und dicken Drücker
    Netti & Robin